Barnstormers (Splitter)

Juni 6, 2024
Barnstormers (Splitter Verlag)

Irgendwo am Himmel über North Carolina, im Mai 1927. Hawk E. Baron, Fliegerass und erfolgreicher Kampfpilot im Ersten Weltkrieg, ist ein Barnstormer – er vollführt mit seinem Doppeldecker wagemutige Stunts und verdient damit sein Geld. Rein theoretisch zumindest. Denn die Realität sieht anders aus. In der ländlichen Gegend finden sich kaum noch Zuschauer, seine gefährliche „Kunst“ wird gesetzlich immer strenger geregelt. Die Folge: Hawk ist notorisch knapp bei Kasse. Als er mit seinem Flieger eine Hochzeit crasht – im wahrsten Sinne des Wortes – erwartet ihn eine Überraschung: Tillie Murphy, die Braut, hat offenbar null Bock auf ihren Gatten in spe und sucht gemeinsam mit Hawk Hals über Kopf ihr Heil in der Flucht. Was gleichzeitig der Auftakt zu einer fatalen Lovestory bedeutet in der Hawk und Tillie schließlich zu gesuchten Gesetzlosen werden.

Denn Peyton Carlyle, der gehörnte Fast-Ehemann und skrupellose Spross einer steinreichen Familie, glaubt (zumindest anfangs), dass Tillie entführt wurde und engagiert den verdienten Pinkerton-Mann Zeke West, seine Braut zurückzuholen und Hawk dingfest zu machen. Die beiden bilden inzwischen ein dynamisches (Liebes-) Duo, denn Tillie erweist sich als äußert talentiert und wagemutig, was ihre Kunststücke auf den Flügeln von Hawks Doppeldecker betrifft… In „Barnstormers“ erzählen der verdiente Batman-Autor Scott Snyder und Zeichnerin Tula Lotay eine „Ballade von Liebe und Mord“ (so der Untertitel im Original), in der sich die beiden Hauptakteure zu einer Art Bonnie und Clyde der Lüfte entwickeln. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie die ihnen zugeschriebenen Verbrechen (fast) nicht begangen haben.

Hintergrund der Story ist die in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts beliebte und florierende Barnstorming-Szene, als Weltkriegs-Piloten günstig an massig vorhandene, weil nicht mehr benötigte Jagdflugzeuge kamen und damit als tollkühne Männer (und Frauen) in ihren fliegenden Kisten vor staunendem Publikum ihren lebensgefährlichen Luftzirkus veranstalteten, der darin gipfelte, dass man im Flug auf den Tragflächen spazierte und dort allerlei Blödsinn vorführte. Freilich nicht selten mit fatalem Ausgang, weshalb man diese Art der Volksbelustigung schließlich massiv einschränkte.

Die Braut, die sich was traut

Die Charaktere sind durchgehend stark angelegt: Tillie will schon fast verzweifelt aus ihrem „drohenden“ Leben als gehorsame Ehefrau ausbrechen, ihr Fast-Gatte Peyton, optisch als Kreuzung von Errol Flynn und Chris Hemsworth angelegt, entpuppt sich schnell als der eigentliche skrupel- und gewissenlose Schurke. Und Zeke West, der als Pinkerton Detektiv noch die „alten Zeiten“ erlebte, erweist sich nicht nur optisch als Double des dünnen Mannes William Powell, sondern auch als hartnäckiger wie erfahrener Verfolger. Dann ist da noch der Hauptakteur Hawk mit Vergangenheit, der eigentlich anders heißt und der gegen ganz eigene Dämonen kämpfen muss, was in der visuellen Umsetzung anfangs für Verwirrung sorgen mag.

Erzählt werden weite Teile der Story, so erfährt man bald, von Zeke West, was dann auch die Sachlichkeit erklärt. Das Highlight der Story, in den USA als Fünfteiler als Comixology Original erschienen, sind zweifelsfrei die ungewöhnlichen wie ausdrucksstarken Zeichnungen der Engländerin Tula Lotay (die auch an dem jüngst bei Panini erschienenen „Bodies“ beteiligt ist) im Verbund mit der Kolorierung von Dee Cunniffe. Die Bilder, die sich gerne auf die handelnden Personen fokussieren, sind kraftvoll und wirken mit ihren leuchtenden, fast Neonfarben, oft nah am Kitsch und doch erstaunlich passend und stimmig. Fast mit Weichzeichner, so als blicke man durch einen Filter. Originell wie lesenswert, vom ersten Crash bis zum Finale im Regen. (bw)

Barnstormers
Text & Story: Scott Snyder
Bilder: Tula Lotay, Dee Cunniffe (Farben)
152 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro

ISBN: 978-3-98721-310-6

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